Meine Güte! Das sage ich oft, wenn ich an Tierzucht denke. Damals, als ich noch die Studentenbank gedrückt habe, war es mein absolutes Lieblingsfach. Und heute?
Durch die Tätigkeit bei der BauernZeitung bin ich sehr oft mit Tierzuchtverbänden in Kontakt. Es ist eigentlich das einzige, das mir von meinem ehemaligen Lieblingsfach noch geblieben ist. Ich merke schon beim Schreiben dieses Satzes, dass das überhaupt nicht stimmt. Zu Hause, hier in Märchligen, spielt natürlich die Tierzucht eine grosse Rolle. Auf dem Betrieb dreht sich grossmehrheitlich alles um Tiere. Kühe, Pferde, Ziegen, Kaninchen, Hühner, Jack Russel Snupi und Bauernhofmieze Pilou (ausgesprochen Paillou).
Wir sind mitten in der Abkalbesaison. Bald kommen kleine Ziegen zur Welt. Fohlen gibt es heuer keines, aber wir planen eines auf kommendes Jahr. Ein Hund und eine Katze sind genug. Die belasten eigentlich nur die Umwelt. Wenn man es genau nimmt. Die Katze, die fängt zumindest noch Mäuse, aber Vögel eben zwischendurch auch und das hingegen ist weniger erfreulich. Hunde und Katzen hat es in der Schweiz mehr als genug. Während man uns Bauern die Nutztierhaltung vorwirft, wachsen in der Schweiz die Bestände jener Tiere, die eigentlich nur der Unterhaltung, der Freundschaft, der Belustigung oder was auch immer dienen. Katzen hat es zu viele. Hunde auch. Da kommen ja hunderte jedes Jahr aus irgendwelchen Ländern rein, die dort unter übelsten Bedingungen gehalten wurden, wenn man das überhaupt Haltung nennen kann. Kühe hatte es noch nie so wenig, wie jetzt, und alle schreien, es habe immer noch zu viel. Für mich unverständlich. Die sind wichtig fürs Klima. Weltweit haben die Emmissionen durch Grosstiere wohl eher ab- denn zugenommen. Was war denn mit all den Elefanten, die beinhane ausgestorben sind? Und die wildlebenden Büffelherden? Wie soll da bitteschön plötzlich ein Rindvieh das ganz grosse Problem unserer Welt sein?
Pferde haben wir ja eigentlich auch mehr als genug. Das einzige, was in diesem Bereich am Schwinden ist, ist diese letzte Schweizer Pferderasse - der Freiberger. Derweil die Züchterschaft völlig überaltert, die Leute sich frustriert von der Zucht abwenden, haut sich die Verbandsspitze einen Zentimeter Weiss um die Ohren. Da fliegt ein Hengst aus der Hengstleistungsprüfung, nachdem man ihn erst mal gewinnen liess und einen Monat später merkt man, der hat jetzt doch zu viel Weiss am Bein - weg mit ihm. Dafür setzt man sich anscheinend mehrere Stunden zusammen. Demnach eine ernste Problematik.
Man könnte hier ja jetzt die ganz grossen Probleme der Welt hervorheben, um zu zeigen, wie seltsam und dazu noch nichtig sowas ist. Aber eigentlich kann man auch einfach beim Freiberger bleiben und fragen - Pferdezucht, was soll das?
Ich habe es nicht gerechnet, aber das braucht es auch nicht. Dieses Pferd stirbt aus, weil es irgendwann niemand mehr züchten wird. Bei uns stehen noch neun Freiberger. Eine stattliche Zahl. Alle, die an dieser Rasse interessiert sind, haben mindestens 47 Jahre auf dem Buckel. Wir überaltern! Es gelingt uns nicht, die Jugend für die Rasse zu begeistern, wir machen einen elitären Club aus der Sache und sagen den Leuten auf den Schauplätzen, wie ein Pferd auszusehen hat, das den Namen Freiberger verdient und dann hauen sich noch Verbandsexponenten einen Zentimeter Weiss um die Ohren.
Wo kein Pferd, da kein Weiss. Ganz einfach ist das.
Pferde wird es immer mehr als genug haben, wie Hunde und Katzen auch. An Rindern wird es uns dereinst vermutlich fehlen. Aber eines ist sicher. Dieses letzte Schweizer Pferd stirbt aus. Wie alle anderen vor ihm auch. Weil einfach niemand mehr bereit ist, Pferdzucht zu betreiben, die auf so einem Fundament steht.
Mach's gut Cartoon du Padoc (im Bild). Du hast mir gefallen. Ich habe dich als Zuchthengst bereits im Katalog gesehen. Andere sehen das anders. An Freiberghengsten fehlt es ja auch nicht. Stehen ja noch zweihundert in den Schweizer Ställen. Es fehlt an Nachwuchs, an der Züchterschaft und mindestens so sehr am Anstand. Und an der Möglichkeit, eine andere Meinung stehen zu lassen und an der Fähigkeit Kompromisse einzugehen. Es fehlt also an ziemlich viel....
Kommentar schreiben